Nachdem sechs Mädchen unserer Schule Landessiegerinnen im Tennis der WK III geworden sind, stand nun die Reise zum Bundesfinale nach Berlin an.
Eine kleine Sensation ist dies schon, wenn man bedenkt, dass das zuletzt einer Mädchenmannschaft des KKG im Jahre 1995 gelungen ist.
Unser Motto:
„Lassen wir uns überraschen, was uns erwartet, und geben wir unser Bestes.“
Wir, das sind Amelia Sztaba (Kl. 9c), Mia-Marleen Pausch (Kl. 8b), Clarissa Lange (Kl. 8d), Sonja Trebeck (Kl. 8a), Valentina Franke (Kl. 9b) und Victoria Hofmann (Kl. 9d). Fünf von uns spielen in Zwickauer Tennisvereinen, nur Sonja ist Freizeitspielerin und frönt eigentlich dem Radsport beim ESV Lok Zwickau.
Unser Zug nach Berlin fuhr am Sonntag um 7:20 Uhr in Zwickau ab und um 11:39 Uhr sind wir in der Bundeshauptstadt angekommen. Auf dem Hauptbahnhof fand die Akkreditierung aller Sportlerinnen und Sportler sowie deren Betreuerinnen und Betreuer statt (spannend wie bei Olympia!) und Frau Borris, die uns als Tennis spielende Lehrerin begleiten durfte, meldete unsere Mannschaft an.
In der Zwischenzeit konnten wir uns an Spieltischen vergnügen, Fotos schießen oder Popcorn (echte „Sportlernahrung“) einschmeißen. Im Übrigen gab es Betreuer, die ihren Mannschaften diese Art Nahrung sogar verboten!
Leider regnete es in Berlin, sodass wir nichts mehr unternehmen konnten, sondern diesen Ankunftstag entspannt ausklingen ließen. Um 18:00 Uhr gab es Abendessen und um 19:00 Uhr fand eine Mannschaftsführerbesprechung im Hotel „aletto Kudamm“ (hier sind wir untergekommen) statt.
Was bedeutet nun eigentlich Bundesfinale?
Diesen Wettbewerb, es war in diesem Jahr bereits der 96., gibt es seit Ende der 1960er Jahre im Rahmen von „Jugend trainiert für Olympia“.
Mit jährlich ca. 800.000 Teilnehmern ist das der größte Schulsportwettbewerb der Welt, der in drei Etappen ausgetragen wird:
Im Frühjahrsfinale gibt es die Wettkämpfe in den Hallensportarten, beim Winterfinale werden die Bundessieger in den Wintersportarten ermittelt und beim Herbstfinale kämpfen Beach-Volleyballer, Fußballer, Golfer, Hockeyspieler, Judokämpfer, Leichtathleten, Ruderer, Schwimmer, Triathleten und natürlich die Tennisspieler um den Sieg. Auch behinderte Sportlerinnen und Sportler treten im Rahmen von „Jugend trainiert für Paralympics“ gegeneinander an und das fanden wir besonders toll.
Die Teilnahme an allen Wettkämpfen ist freiwillig, jedoch nur in Schulmannschaften möglich. Man kann sich also beispielsweise nicht mal schnell einen guten Tennisspieler von irgendwoher „ausborgen“. Deshalb wird auch jeder Personalausweis mit einer Schulleiterbestätigung und der Anmeldung zum Wettkampf ganz genau verglichen!
Der Wettbewerb ist in – nach Altersstufen geordnete – Wettkampfklassen unterteilt. Beim Tennis nimmt nur die Wettkampfklasse III der Mädchen und Jungen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren am Bundesfinale teil.
In unserer Sportart vertraten etwa 190 Tennisspielerinnen und Tennisspieler in 32 Mannschaften die Farben ihrer Bundesländer beim Kampf um Medaillen, Pokale und Urkunden.
Wir waren natürlich gespannt, wer neben uns noch im Hotel „aletto“ wohnen durfte und stellten fest: Es sind u. a. die Golfer, zahlreiche Tennismannschaften (u. a. die Tennisjungs aus Sachsen) sowie die Fußballer verschiedener Bundesländer.
Die Wettkämpfe im Tennis wurden auf verschiedenen Tennisanlagen in Berlin ausgetragen: beim TC Blau-Weiß 1899 Berlin, beim Berliner Sport-Club, beim TC Wilmersdorf und in diesem Jahr zudem bei den „Zehlendorfer Wespen“.
Das Besondere am Wettkampfmodus ist, dass alle 32 Mannschaften gleich lange im Wettbewerb stehen. Alle Teams haben insgesamt vier Begegnungen zu bestreiten. Am Ende der Veranstaltung ergeben sich bei den Mädchen und Jungen dann jeweils die Platzierungen 1 bis 16.
Eine Mannschaft besteht einschließlich Ersatzspieler aus maximal sechs Spielern, von denen jeweils fünf während einer Partie – bei vier Einzel- und zwei Doppelmatches – eingesetzt werden müssen.
Uns war bewusst, dass viele der beteiligten Gymnasien mit Sportförderung antreten und sicherlich die ersten Plätze unter sich ausmachen werden. Trotzdem wollten wir natürlich Sachsen und unser KKG würdig vertreten.
Am Montag, dem 24.09.18 war das erste Match angesetzt: Die Auslosung bescherte uns die Mädchen der Geschwister-Scholl-Schule Rodgau in Hessen, eine ganz „harte Nuss“.
Das Ergebnis war dann mit 0:6 auch entsprechend: Trotz Kampfgeist konnte nur Clarissa ihr Spiel eng gestalten und auch die beiden Doppel (Mia-Marleen mit Sonja und Amelia mit Valentina) haben sich wacker geschlagen.
Am Nachmittag sind wir dann noch auf dem Kudamm bummeln gegangen und haben bei „Starbucks“ ein Getränk spendiert bekommen.
Am zweiten Spieltag standen zwei Spiele für uns an:
Zuerst mussten wir gegen Hamburg ran. Auch hier standen die Chancen von Anfang an nicht wirklich gut … Nur Amelia konnte in ihrem Einzel mit ihrer druckvollen Vorhand gut mithalten und hat es der Gegnerin zumindest sehr schwer gemacht. Das Ergebnis 3:8 wurde dem eigentlichen Spielverlauf allerdings nicht ganz gerecht. Ein Ehrenpunkt war uns leider nicht vergönnt, denn unser „Stardoppel“ mit Amelia und Mia-Marleen verlor leider mit 4:8, das zweite Doppel (Victoria und Sonja) war chancenlos.
Nach der zweiten Enttäuschung musste nun ein Sieg her. Wir wollten doch nicht Letzter werden. Unser nächster Gegner hieß Thüringen und auch diese Mannschaft war nicht zu unterschätzen. Ab dieser Wettkampfphase wurde in zwei Gewinnsätzen gespielt (bisher Langsatz bis 8).
Alle Einzel verliefen spannend und ziemlich eng. Mia-Marleen hatte keine Schwierigkeiten mit der Gegnerin, der viele Fehler unterliefen. Konzentriert und mit cleverem Spiel gewann sie deutlich mit 6:2 und 6:0. Das erste Einzel hatten wir „in der Tasche“! Parallel dazu spielte Clarissa, die eine gute kämpferische Leistung zeigte, aber leider im Champions-Tiebreak die Nerven verlor. Die Anspannung war dann doch zu groß. Das zweite Einzel ging somit mit 7:6, 3:6 und 0:1 (2:10) an die gegnerische Mannschaft. Amelia hatte an Nummer 1 erwartungsgemäß wieder die schwerste Aufgabe und verlor in zwei Sätzen. Das letzte Einzel bestritt Valentina erfolgreich mit 7:5 und 6:1, sodass es nach den Einzeln 2:2 stand.
Nun mussten die Doppel die Entscheidung bringen. Durch Clarissas 3-Satz-Spiel hatten wir als kleinen Vorteil einen Satz mehr als die Thüringer Mädchen auf der Habenseite.
Die Motivation der Mädchen, eine kluge Doppelaufstellung und das nötige Quäntchen Glück brachten uns schließlich den Tagessieg. Amelia und Mia siegten deutlich mit 6:2 und 6:2 und Clarissa und Victoria holten nach dem verlorenen ersten Satz (1:6) mit kämpferischer Leistung den zweiten mit 6:3 und erzwangen so den Match-Tiebreak, den sie mit 10:5 für sich entscheiden konnten. Die Freude war nun groß, denn wir sind von den beiden letzten Plätzen verschont geblieben. Am dritten Spieltag konnten wir nun um Platz 13 kämpfen.
Die letzte gegnerische Mannschaft war Mecklenburg-Vorpommern. Wir rechneten uns durchaus Chancen aus. Unsere Nummer 1, Amelia, hatte in den vergangenen schweren Spielen viel Kraft gelassen, sodass sie ihr Einzel recht deutlich verlor.
Mia setzte ihre Gegnerin zwar unter Druck, agierte sehr klug, und erzwang einen Match-Tiebreak, den sie letztlich verlor. Alle ihre Gegnerinnen waren ihr körperlich weit überlegen. In ein oder zwei Jahren kann sie solche Matches bestimmt zu ihren Gunsten entschieden. Trotzdem war es eine Freude, dieser kleinen Person beim Spiel zuzuschauen.
Das „Match des Tages“ spielte definitiv Valentina. Über drei Stunden fightete sie mit hoher Konzentration und Motivation trotz schmerzender Blase an der Schlaghand. Sie vergab unglücklich zwei Satzbälle im ersten Satz und verlor dann mit 6:7 und 4:6.
Auch Clarissa musste ihr Einzel der Gegnerin überlassen, wobei sie an diesem Tag mehr mit sich selbst als ihrem Gegenüber kämpfte. Wenn es ihr zukünftig gelingt, ihre Nerven besser unter Kontrolle zu bekommen und geduldiger zu spielen, kann sie mit ihrer sehr guten Schlagtechnik mit Sicherheit auch als Siegerin vom Platz gehen.
Die Doppel waren demzufolge nur noch Formsache und wurden auch als solche betrachtet.
Der erreichte 14. Platz ist für eine Schulmannschaft ohne spezielle Förderung im Tennissport ein akzeptables Ergebnis. Zum besseren Verständnis sei noch erklärt: Amelia steht auf Bundesebene momentan auf Ranglistenplatz 1085 und Mia auf Platz 1160. Ihre Gegnerinnen sind zwischen 490 und 785 gelistet, was einiges über deren Spielstärke aussagt und ihre Siege in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Das Endspiel bestritten übrigens Ludwigsburg (Baden-Württemberg) gegen Hemmingen mit dem besseren Ende für die Spielerinnen aus Niedersachsen. Unsere vorherigen Gegner kamen somit unter die Top Ten.
Jeder Insider weiß: Tennis ist in erster Linie ein Einzelsport. Hier in Berlin spielte jedoch die Teamfähigkeit eine besondere Rolle. Es machte Spaß, zu einer Mannschaft zu gehören und sowohl Erfolge als auch Misserfolge miteinander zu teilen und sich mit anderen zu messen.
Man kennt die Besonderheiten, die der eigene Sport so mit sich bringt. Bei diesem Sportevent in Berlin spürten wir aber auch diese besondere Atmosphäre der anderen Sportarten. Man kam in Kontakt mit vielen Sportlern und lernte neue Freunde kennen. Anders ist das bei Olympischen Spielen ja auch nicht!
Besonders die Fairness in allen Wettbewerben beeindruckte uns sehr. Es gab bei keinem einzigen Mädchenduell Streit, unsere Betreuerin war begeistert. Valentina ist sogar mit ihrer Gegnerin noch gemeinsam Mittag essen gegangen! Und Kampfgeist haben alle bewiesen, getreu unserem Motto, „unser Bestes zu geben“. Großen Respekt zollen wir Sonja, die die Mannschaft immer unterstützt hat und alle Entscheidungen, wer zum Einsatz kommt, akzeptierte.
Am letzten Abend nahmen wir dann an der großen Abschlussveranstaltung in der Max-Schmeling-Halle teil. Gleich zu Beginn sangen alle Anwesenden in dieser riesigen Mehrzweckhalle die deutsche Nationalhymne – ein besonders emotionaler Moment. Schön war auch, als kleine Ballett-Minis die Flaggen aller Bundesländer in die Halle trugen. Im Anschluss daran wurden die Bestplatzierten aller Sportarten ausgezeichnet und über kleine Videosequenzen die Besonderheiten der einzelnen Sportarten vorgestellt.
Wir hatten schöne, erlebnisreiche und anstrengende Tage in Berlin und nahmen viele positive Eindrücke mit nach Hause. Zu den neuen Erfahrungen gehört natürlich auch, sich in der Großstadt Berlin zurechtzufinden. Wir mussten mit verschiedenen Verkehrsmitteln mehrfach quer durch die Hauptstadt fahren. Beispielsweise darf man hier Rolltreppen manchmal sogar selbst betätigen!
Und nicht zuletzt: Auf einer Anlage wie bei „Blau-Weiß Berlin“ auf dem roten Sand aktiv geworden zu sein, ist schon etwas Besonderes. Toll, dass wir dabei sein konnten.
Wir träumen schon ein wenig davon, im nächsten Jahr Sachsen wieder vertreten zu dürfen. Nur Valentina und Victoria sind für die WK III dann leider „zu alt“. Aber vielleicht gibt es weitere Tennis spielende Mädchen an unserer Schule, die gern zur Schulmannschaft gehören wollen. Dann meldet euch bitte bei uns – Frau Borris hat versprochen, das neue Team wieder unterstützen zu wollen.
Tennis ist einfach klasse – und in einer Mannschaft, die so zusammenhält wie wir sechs Mädchen, total spitze!
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Bärbel Borris und Clarissa Lange im Namen der Mädchenmannschaft